Digitale Souveränität – Was der Ausfall von Microsoft uns zeigt

Als am Mittwoch Vormittag mehrere wichtige Dienste von Microsoft ausfielen, stand bei vielen Unternehmen weltweit der Betrieb still. Genaue Zahlen zu den Ausfällen wurden zwar nicht genannt, allerdings meldete die Ausfallverfolgungs-Website Downdetector Tausende von Vorfällen auf allen Kontinenten.

Zu viele europäische Unternehmen hängen stark von US-amerikanischen Konzernen ab, so auch schon eine Unternehmensbefragung des ZEW Mannheims. Die gab an, dass über 80% der Unternehmen in mindestens einem vorgegebenen Technologiefeld etwas oder stark abhängig von nicht-europäischen Anbietern fühlen. Das wird zu einem Problem, wenn der Zugang zu diesen Technologien unterbrochen wird oder nicht länger verfügbar sind. Zu den betroffenen Diensten am Mittwoch gehörten dabei die Bürokommunikations-Plattform Teams und der E-Mail-Service Outlook.com sowie Exchange und sorgten dafür, dass weder die Kommunikation intern noch mit den Kunden funktionierte. Für so manchen war das vielleicht eine augenöffnende Erfahrung, was den Status der Abhängigkeit seines Unternehmens von den US-Konzernen betrifft. Was können wir also tun, um uns digital souveräner aufzustellen?

 

Was ist digitale Souveränität?

Der Begriff „Souveränität“ beschreibt die Unabhängigkeit und Autonomie eines Staates, einer Gesellschaft oder eines Individuums. Mit der Digitalisierung der Welt ergeben sich neue Möglichkeiten und Einschränkungen, die globale Auswirkungen auf unsere Souveränität haben. Die digitale Souveränität beschreibt daher „die Fähigkeiten und Möglichkeiten von Individuen und Institutionen, ihre Rolle(n) in der digitalen Welt selbstständig, selbstbestimmt und sicher ausüben zu können“. Im europäischen Kontext bedeutet das insbesondere sich unabhängiger von einzelnen Anbietern und Produkten zu machen und die Resilienz der Unternehmen und des Staates durch die Austauschbarkeit von Komponenten zu erhöhen.

 

Warum ist digitale Souveränität so wichtig?

Der Ausfall von Microsoft macht es deutlich. Alles an einen Anbieter abzutreten, kann im Zweifelsfall verheerende Folgen haben. Der Mangel an europäischen Alternativen wird in vielen Unternehmen aus den Sektoren Hardware, Infrastruktur und Software-Anwendungen deutlich. Die Unternehmensbefragung des ZEW Mannheims gibt an, dass 16 Prozent der Informationswirtschaft und 19 Prozent des Verarbeitenden Gewerbes darauf angewiesen sind, nicht-europäische Anbieter zu nutzen. Seit dem Ende des Privacy Shields wird die Abhängigkeit von US-amerikanischen Anbietern allerdings noch zunehmend kritisiert, da die Unternehmen die Kontrolle der Daten nicht mehr gewährleisten können. Doch obwohl die Abhängigkeit von den Techgiganten aktuell sogar mit der Gefahr von hohen Bußgeldern verknüpft ist, planen nur wenige Unternehmen Maßnahmen. Als Gründe für die Zurückhaltung der Unternehmen werden immer wieder entweder die möglich hohen Wechselkosten und die fehlenden Ausweichmöglichkeiten genannt. Helfen kann dabei aber schon eine Ausweitung des Anbieterportfolios.

 

Gegenseitige Abhängigkeiten sind akzeptabel, einseitige Abhängigkeiten aber müssen unbedingt vermieden werden. – Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom

Im Rahmen einer Abhängigkeitsanalyse kann man den eigenen Grad der Abhängigkeit des Unternehmens ermitteln. Als Daumenregel kann man hierbei sich folgende zu Rate ziehen: Wenn der Anbieter nicht abhängig von einem selber ist, dann nicht mehr als eine Dienstleistung an diesen auslagern. Umso größer die Abhängigkeit des Anbieter von dem eigenem Unternehmen, umso mehr Dienstleistungen können abgegeben werden. Problem: Nur große Konzerne können von sich behaupten, dass Unternehmen wie Microsoft oder Google von einem selber abhängig sind.

 

Alternativlosigkeit der Unternehmen behindert die Souveränität

Die Studie „Digitale Souveränität“ vom ZEW ist nur ein Teil eines umfassenden Forschungsauftrags mit dem Titel „Messung des Digitalisierungsgrades der deutschen Wirtschaft“, den das BMWi für zunächst drei Jahre vergeben hat. Die deutsche Verwaltungscloud-Strategie bildet dabei die Grundlage für die Schaffung gemeinsamer Standards und offener Schnittstellen. Bereits bestehende föderale Cloud-Lösungen der Öffentlichen Verwaltung sollen miteinander vernetzt und flexibel gestaltet werden ganz nach dem Grundsatz „build once, run everywhere“. So soll auch die Schaffung eines Digitalen Binnenmarktes in Europa, bestehende Barrieren im digitalen Bereich abbauen. Das schafft einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen beim Verbraucherschutz und Datenrecht mit einem sinnvollen Ausgleich zwischen schützenswerten persönlichen Daten und der Nutzung für digitale Anwendungen in Europa. Digitale Souveränität bedeutet also Alternativen zu schaffen und einen offenen, wettbewerbsfähigen Markt zu unterstützen und die Handlungsfähigkeit nicht nur für den Fall eines weiteren Ausfalls sondern für die Zukunft sicherzustellen. Das alles verknüpft mit den europäischen Rechts- und Wertevorstellungen. Es hilft nicht nur den Unternehmen, sondern auch Behörden und Staat. Denn die Souveränität eines Staates soll sicherstellen, dass die Bürger*innen den staatlichen Behörden vertrauen können, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass Wirtschaftsunternehmen oder die Interessen anderen Staaten Einfluss nehmen.

 

 

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